E-Bike per Solar laden: Praxistest von mobilen Solarpanels & Powerstations
Kann man ein E-Bike per Solarpanel laden? Unser Test zeigt, wie faltbare Panels & Powerstations im Alltag funktionieren. Ideal für Camping & Bikepacking.

Die Sonne als Tankstelle – Mythos oder echte Option?
Die Idee klingt perfekt: Mit dem E-Bike durch die Natur fahren, fernab von Steckdosen und Campingplätzen, und den Akku einfach mit der Kraft der Sonne wieder aufladen. Kein Stromnetz, kein Generator – nur ein Solarpanel, eine Powerstation und genügend Sonnenlicht. Doch funktioniert das wirklich? Oder bleibt Solarladen unterwegs eine nette Idee für Technikromantiker?
In Zeiten wachsender Nachfrage nach autarker Energieversorgung und nachhaltigem Reisen wächst das Interesse an faltbaren Solarpanels, kompakten Powerstations und intelligenten Ladecontrollern, die auch unterwegs eine vollständige E-Bike-Ladung ermöglichen sollen. Besonders bei Bikepacking, Wildcamping und längeren Offgrid-Touren ist das Solarthema präsent.
Doch die Realität sieht oft anders aus: zu wenig Leistung, zu lange Ladezeiten, zu hohes Gewicht. Dieser Artikel liefert einen umfassenden Praxistest. Wir vergleichen aktuelle mobile Solarladelösungen, analysieren Wirkungsgrade bei verschiedenen Wetterbedingungen und klären, was technisch möglich ist – und wo die physikalischen Grenzen liegen. Eine Pflichtlektüre für alle, die mit dem E-Bike unabhängig von der Steckdose reisen wollen.
Wie funktioniert Solarladen beim E-Bike grundsätzlich?
Um ein E-Bike unterwegs per Solarstrom zu laden, braucht es drei Komponenten: ein Solarpanel, einen Zwischenakku (Powerstation) und ein passendes Ladegerät oder Step-Up-Converter. Warum nicht direkt vom Solarpanel in den Bike-Akku? Weil E-Bike-Akkus eine stabile, geregelte Spannung und bestimmte Ladeparameter benötigen, die mobile Panels nicht liefern können.
Das typische Setup sieht so aus:
– Faltbares Solarpanel (100–200 Wp) mit MPPT-Controller
– Powerstation oder mobiler Akku mit 300–1000 Wh
– Ladegerät für das E-Bike, angeschlossen an die Powerstation (meist 230 V)
Alternativ kann bei technisch versierten Nutzern auch ein Step-Up-DC-Wandler zum Einsatz kommen, der direkt von der Solareingangsleistung auf die benötigten 36 V oder 48 V hochtransformiert. Das ist effizienter, aber komplizierter und fehleranfällig.
Der große Praxisvergleich: Was taugen mobile Solarlösungen wirklich?
Wir haben verschiedene Setups getestet – unter realistischen Bedingungen im Frühsommer bei wechselnder Bewölkung, Temperaturen zwischen 18 und 24 Grad, sowohl in Mitteleuropa als auch auf Tour in Südeuropa.
Verglichene Systeme:
– Anker Solarpanel 100W + EcoFlow River 2 Max
– Goal Zero Nomad 200 + Yeti 500X Powerstation
– ALLPOWERS SP027 200W Panel + Bluetti EB70
– SunGoldPower 120W + Jackery Explorer 500
Die Leistung wurde bei direkter Sonne, Bewölkung und abendlicher Restlichtleistung gemessen.
Ergebnisse bei direkter Sonne
Bei wolkenlosem Himmel und optimaler Panelausrichtung lieferten alle getesteten Systeme zwischen 65 und 85 % ihrer Nennleistung. Das bedeutet: Ein 200-Watt-Panel schafft etwa 160 Watt in der Spitze – genug, um eine 500-Wh-Powerstation in 3 bis 4 Stunden aufzuladen.
Damit lassen sich mit einem vollen Solartag (8 Stunden gute Einstrahlung) ein bis zwei E-Bike-Akkus mit je 500–700 Wh vollständig aufladen – vorausgesetzt, es wird parallel nicht entnommen.
Ergebnisse bei Bewölkung
Schon leichte Bewölkung senkt die Leistung drastisch: auf 30–50 %. Bei dichter Bewölkung oder leichtem Regen bleibt oft weniger als 20 % übrig. Panels ohne MPPT-Controller oder mit schlechter Zellenqualität brachen dabei stark ein, teilweise auf unter 10 Watt.
Die Konsequenz: Wer autark per Solarpanel laden will, muss mit Leistungsschwankungen rechnen und ausreichend Pufferzeit einplanen.
Abend- und Morgenstunden
Vor 9 Uhr und nach 18 Uhr sank die Leistung spürbar – selbst bei klarem Himmel. In der Dämmerung fiel die Ladeleistung unter 10 Watt, was das Aufladen eines E-Bike-Akkus nahezu unmöglich macht. Ideal ist daher die Mittagsspanne zwischen 10 und 16 Uhr – hier entscheidet sich, wie viel Energie tatsächlich gesammelt wird.
Akkus und Powerstations im Vergleich
Während das Panel für den Strom sorgt, entscheidet die Powerstation über Effizienz, Flexibilität und Alltagsnutzen. Einige Modelle erlauben gleichzeitiges Laden und Entladen („Pass-Through-Charging“) – andere nicht. Wichtig ist ein leistungsstarker 230-V-Ausgang (mind. 300 Watt Dauerleistung), um klassische E-Bike-Ladegeräte betreiben zu können.
Leistungsstarke Optionen wie die Bluetti EB70 oder die EcoFlow River 2 Max liefern stabile Spannung, laden schnell und erlauben das parallele Aufladen von Smartphones, Navigationsgeräten oder Kameras. Modelle mit integrierter App-Steuerung (z. B. Jackery oder Bluetti) geben zudem Auskunft über Restlaufzeit und Leistungsaufnahme – nützlich für die Tourenplanung.
Worauf Camper und Offgrid-Fahrer achten sollten
– Gewicht und Packmaß: Ein 200-Watt-Panel wiegt ca. 6 bis 8 kg, Powerstations zwischen 5 und 10 kg. Für Tourenradler mit Anhänger geeignet – für Bikepacker eher nicht.
– Montage und Ausrichtung: Panels brauchen freie Fläche und gute Ausrichtung. Wer mittags im Schatten ruht, verschenkt wertvolle Ladezeit.
– Ladezyklen und Effizienzverluste: Jede Zwischenladung verursacht Umwandlungsverluste – oft 10–20 %. Direktladung ist theoretisch besser, aber technisch schwieriger.
– Sonneneinstrahlung je nach Region: In Südeuropa deutlich bessere Werte als in Mitteleuropa oder Skandinavien.
– Temperaturabhängigkeit: Hohe Temperaturen senken den Wirkungsgrad von Lithium-Ionen-Akkus und Solarpanels.
Reichweitenstrategien mit Solarladung
In der Praxis empfiehlt sich ein hybrides Konzept: Tagsüber möglichst viel fahren und laden, nachts ruhen. Idealerweise startet man mit einem vollen E-Bike-Akku und einer geladenen Powerstation. Tagsüber speichert das Solarpanel Energie, die am Abend in den Bike-Akku fließt.
Realistisch ist bei optimalem Wetter die tägliche Erzeugung von 600 bis 900 Wh – das entspricht etwa einer mittleren Akkuladung. Für Touren mit moderatem Höhenprofil und Eco-Modus sind damit täglich 60 bis 100 km Reichweite möglich.
Wann lohnt sich das Ganze – und wann nicht?
Solarladen lohnt sich:
– bei längeren Touren ohne Zugang zu Netzstrom
– in sonnenreichen Regionen (Südeuropa, Balkan, USA)
– für Technikfans mit Interesse an Energieeffizienz
– bei Kombination aus Camping, Kochen, Fotografie (Multinutzung)
– als Notfalllösung bei Reichweitenangst
Weniger sinnvoll ist es:
– für Kurztrips unter 3 Tagen
– bei bewölktem, regnerischem Wetter
– bei hohem Energiebedarf (z. B. 2 Personen + Geräte)
– wenn tägliche Ladeleistung entscheidend ist
– bei minimalistischen Bikepacking-Setups ohne Anhänger
Zukunftsperspektiven: Was bringt die Technik von morgen?
Hersteller wie SunPower, Anker oder EcoFlow arbeiten an effizienteren Zellen mit über 23 % Wirkungsgrad, leichteren Materialien und neuen Controller-Architekturen. Zukünftige Panels könnten leichter faltbar, wetterfester und anpassungsfähiger werden – ideal für E-Bike-Reisende.
Auch die E-Bike-Industrie selbst beginnt, über integrierte Solar-Features nachzudenken – etwa beim Tourenrad „FreeFlow“ mit 30-Watt-Solarhaube oder durch die Kombination von Solar-Hardtail und E-Gravelbike.
Langfristig denkbar: ein E-Bike, das sich bei Pausen automatisch ausklappt, ausrichtet und lädt – ohne Zwischenspeicher, ohne Wandler. Bis dahin bleibt das faltbare Setup aber die praktikabelste Lösung.
Fazit: Solarladen unterwegs ist möglich – mit Planung, Technik und Geduld
Wer autark mit dem E-Bike unterwegs sein will, kann mit Solarpanels und Powerstations tatsächlich unabhängig vom Stromnetz reisen – aber nicht ohne Kompromisse. Die Systeme funktionieren, wenn die Bedingungen stimmen: Sonne, Platz, Zeit und Technik. Wer blind drauflos fährt, wird schnell enttäuscht – wer strategisch plant, hat maximale Freiheit.
Für Camper, Fotografen, Technikfans oder Langzeitreisende bieten faltbare Solarlösungen eine faszinierende Alternative zur Steckdose. Nicht billig, nicht leicht – aber effektiv. Für den Alltag zu Hause sind sie überdimensioniert – für Offgrid-Abenteuer aber genau richtig.